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Mobirise

1997
Leipzig, Barfußgässchen,
Installation "Angst vor moderner Kunst ist heilbar" 

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Rathaus Köln
"one day of my life in a box"
Fuxus-Gruppenausstellung der Ultimate Akademie (Köln)
Beteiligung

Art Multiple, Düsseldorf
"Dem deutschen Volke"
Uhren-Editionen

Atelier Sömmering, Köln
"Zeitriss"
Beteiligung mit "Angst vor moderner Kunst ist heilbar"

Fünf Jahre Mobiles Büro
"Briefmarken"-Edition mit allen Mitgliedern des Kunstvereins

Galerie für zeitgenössische Kunst
Richtfest
Beteiligung mit "Angst vor moderner Kunst ist heilbar"

e.o.Galerie, Plauen
"Vitale Module"
Beteiligung mit "Unruhe/Die Arbeiten am Gelben Fluss müssen gut durchgeführt werden"

Plauen, öffentlicher Raum
Aktion "Sebastian Heinze"

KunstHaus Dresden
"Vitale Module"
Beteiligung mit "Unruhe/Die Arbeiten am Gelben Fluss müssen gut durchgeführt werden"

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"Schönheit gibt es nur im Kampf"
Tassen-Edition

Die Tassenedition „Schönheit gibt es nur im Kampf“ bezog sich auf die in dieser Zeit die Medien beherrschende Debatte um die PDS-Politikerin Sahra Wagenknecht.
Wagenknecht galt als kommunistische Hardlinerin innerhalb der Partei und verteidigte vehement die DDR. Später hat sie ihre Ansichten teilweise revidiert, Mitte der 90er Jahre war sie jedoch auch für solitaire factory das Paradebeispiel einer durch die SED-Diktatur indoktrinierten Jugendlichen, die nach der „Wende“ nicht in der Lage war, ihre Ansichten zu hinterfragen. Die Kehrseite der Medaille war, dass ihre Vehemenz bei der Verteidigung ihrer sozialistischen Ideale hinsichtlich des sich abzeichnenden Neoliberalismus durchaus respektabel war. Die taz bezeichnete sie einmal als das „schönste Gesicht des Kommunismus“.
Auf einer frühen LP der slowenischen Band Laibach fand solitaire factory das Walter Ulbricht zugeschriebene Zitat „Schönheit gibt es nur im Kampf“. Solitaire factory gestaltete damit eine Tassen-Edition, die wie ein Fan-Artikel wirkte, jedoch durch die Kombination des Wagenknecht-Porträts mit dem Bild eines an Nazi-Ästhetik erinnernden Arbeiters (von einem deutschen Geldschein aus der Kaiserzeit) und dem Zitat des Stalinisten Ulbricht Unbehagen auslöste.
In Wahrheit war das vermeintliche Ulbricht-Zitat eine Erfindung des damaligen Laibach-Produzenten Uli Rehberg, Betreiber des Hamburger Plattenlabels „Walter Ulbricht Schallfolien“. Dies erfuhr solitaire factory aber erst über 20 Jahre nach Erscheinen der Tassen-Edition von Uli Rehberg, allerdings auch eher als Andeutung. 
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ARTCO-Projektraum, Leipzig, "Unruhe/Die Arbeiten am Gelben Fluss müssen gut durchgeführt werden", Installation

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Die Arbeiten am Gelben Fluss müssen gut durchgeführt werden.
Um einer Ideologie, ganz gleich welcher Art, zum Sieg zu verhelfen, bedarf es zwingend der Begeisterung großer Menschengruppen von einer Idee. Die gezielte Manipulation durch Propaganda bedient sich dabei fast immer diverser Freund-Feind-Bilder, gepaart mit dem Schüren diffuser Ängste und Vorurteile. Das „gesunde Volksempfinden“ siegt dabei stets über den „gesunden Menschenverstand“. Dies gelingt nicht zuletzt deshalb, weil die Ideologen aller Coleur prinzipiell ein positives Zukunftsbild malen, das die echten oder vermeintlichen Mängel der Gegenwart hoffnungsvoll überstrahlt. Hinzu kommt die Vereinnahmung der Individuen zu Massenbewegungen. Bereits der französische Arzt Gustave le Bon (1841 - 1931) beschrieb voller Verachtung in seinem Werk „Psychologie der Massen“ (1895) „die Masse“ als gefährliches, triebhaftes, brutales, verführbares Ungeheuer, welches unschädlich gemacht werden müsste. Jedoch gab er sich keinen Illusionen hin: „Das Zeitalter, in das wir eintreten, wird in Wahrheit das Zeitalter der Massen sein.“ Le Bon, enttäuscht vom Versagen der französischen Revolution, eiferte hemmungslos gegen den „außerordentlichen geistigen Tiefstand“ der Massen; seine Pamphlete, im Geiste der Aufklärung und des klassischen Liberalismus geschrieben, zeugen jedoch ebenso von grundlegenden Irrtümern und Vorurteilen seines Verfassers. Trotz seines Abscheus gegenüber der Stupidität der Massen war er selbst nachweislich ein Rassist, Demagoge und Frauenfeind. „Eine Schule der Diktatoren könnte man die „Psychologie der Massen“ nennen, ein Lehrbuch der Demagogie – mit hundert praktischen Hinweisen darauf, wie ein skrupelloser Politiker, allein durch die dämonische Kunst der Rede, eine Masse in den Massenwahn treiben kann.“, beschrieb die „Zeit“ sein Buch in den 80er Jahren um gleichwohl festzustellen: „Sigmund Freud gehörte zu seinen Bewunderern und Nutznießern ebenso wie Adolf Hitler.“

Bereits im Sommer des Jahres 1989 realisierten die zukünftigen Gründer der solitaire factory gemeinsam die Installation „In tyrannos“, eine Arbeit, welche den 200. Jahrestag der französischen Revolution zu Anlass nahm, auf die Opfer vor, während und nach Revolutionen zu verweisen. Dass nur Monate später die sogenannte „friedliche Revolution“ das Ende der DDR einleiten würde, war zu diesem Zeitpunkt nicht vorhersehbar. Die Umwälzungen im Ostblock, mehr oder weniger blutig, gelegentlich zumindest dem Mythos nach „friedlich“, jedoch niemals ohne Opfer, zeigten aufs Neue, wie Revolutionen funktionieren: getrieben vom Willen nach Veränderung, voller Hoffnung und Utopien bildeten Individuen in der Masse neue Machtkonstellationen. Das Bewusstsein, Teil einer Bewegung zu sein, entfesselte ungekannte Begehrlichkeiten und weckte die Bestie, welche allzu schnell bereit war, sich sofort der neuen Macht, die sie vermeintlich selbst zum Sieg geführt hatte, unterzuordnen. Die Enttäuschung über neues Unrecht ließ nicht lange auf sich warten. Ihr folgte entweder eine erneute Vereinzelung oder aber eine Radikalisierung von Gruppen, welche wiederum Gegner oder Sündenböcke benötigten, um ihre eigene Existenz zu rechtfertigen.

Der Niedergang der DDR und der von den Massen gewollte Anschluss Ostdeutschlands an die Bundesrepublik führten in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts zu tiefen Rissen in der Gesellschaft. Nicht nur die ehemaligen Teilhaber an der Macht in der DDR, auch ihre früheren Gegner waren gezwungen, sich völlig neu zu orientieren und sich im bis dato unbekannten Terrain einer komplett anders strukturierten und funktionierenden Gesellschftsordnung zurecht zu finden. Der Weg des geringsten Widerstandes war dabei der aussichtsreichste. Die Menschen fielen in kürzester Zeit in ihre alten Existenzmuster zurück. Opportunismus war das Gebot der Stunde. Die Domestizierung von 17 Millionen Menschen war die größte, wenn auch nicht die gelungenste Leistung der neuen Macht. Dass dabei wieder an den Zusammenhalt der Massen, jetzt „der Deutschen“, appelliert wurde, neue Feindbilder (z.B. die Flüchtlinge aus dem vom Bürgerkrieg zerissenen Ex-Jugoslawien) geschaffen wurden, konnte kaum verwundern. In den 90er Jahren war es vor allem die Würdelosigkeit, mit der sich große Teile der Ostdeutschen widerstands- und gedankenlos in die neuen Strukturen einordnen ließen, welche solitaire factory zur Werkgruppe „Unruhe“ veranlasste.

Dennoch handelt es sich keineswegs um eine Arbeit, die sich mit tagespolitischen Themen befasst. Es geht auch weder nur um Deutschland und schon gar nicht um China, auch wenn Titel und Teile der Arbeit das vermuten lassen. Vielmehr behandelt „Unruhe“ ein grundsätzliches Verhältnis von Menschenmassen zu politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, unabhängig ihrer zeitlichen oder territorialen Verortungen. Die Prämissen dafür können völlig unterschiedlich sein. Wahr und falsch, gut und schlecht – diese Kategorien spielen in der Konsequenz kaum eine Rolle. Wie sich heute, über 20 Jahre später zeigt, ist „Unruhe“ inhaltlich wieder oder noch immer hochaktuell. Die durch den Neoliberalismus in die Krise getriebene Demokratie und der damit einhergehende Populismus lässt die alten, hinlänglich bekannten Muster nur in neuen Farben leuchten. Unsere Hauptinspirationsquelle war das Buch „Worte des Vorsitzenden Mao Tse-tung“, – die berühmte „Mao-Bibel“. Die Bilder der das Büchlein zum Himmel streckenden Demonstranten während der chinesischen Kulturrevolution, aber auch der mit Mao-Bildern marschierenden 68er-Rebellen im Hinterkopf, planten wir eine künstlerische Arbeit, welche die Perversion der Glorifizierung offensichtlich unsinniger ideologischer Thesen thematisieren sollte. Dass die Mao-Sprüche durchaus ambivalent und vor allem im Kontext ihrer Entstehung zu bewerten sind, scheint angesichts der gedruckten Zitate niemand zu interessieren. Parallelen dazu gibt es in der Geschichte zuhauf – das geschriebene Wort als Bindemittel für religiös oder ideologisch fanatisierte Massen.

Die Vorlage für eine visuelle Umsetzung lieferte die Kinderzeitschrift „YPS“. Einem der damals aktuellen Hefte lag eine kleine Broschüre als Gimmick bei: „Das Phantom-Foto-Buch, unentbehrlich für YPS-Detektive bei der Fahndung nach Übeltätern: 47 dreiteilige Fotos, die sich zu 25.991 verschiedenen Galgenvogel-Gesichtern kombinieren lassen!“ (Zitat: YPS) Aus diesem Fundus generierte solitaire factory mehrere hundert Gesichter, jedes einzigartig und doch alle einander ähnlich, gleichzeitig abstoßend und doch vertraut.Eine unsympathische, bedrohliche (Männer-)Masse, bereit den abstrusesten Ideen zu folgen. Diese wiederum fanden sich in der Mao-Bibel und wurden von solitaire factory zu den „Acht Thesen zur Verbesserung der Lage der Deutschen“ zusammengefasst. Die Präsentation erfolgte in unterschiedlicher Form in verschiedenen Galerien und Kunstvereinen, teilweise verbunden mit zusätzlichen Arbeiten unter dem Motto „Die Arbeiten am Gelben Fluss müssen gut durchgeführt werden. Die „Acht Thesen“ waren als Broschüre immer Teil der Installation. Das Spiel mit Ideologien ging schließlich so weit, dass die Gruppe eine Ausstellung in Leipzig, welche zeitlich mit einer lange angekündigten Neonazi-Demonstration zusammen fiel, im Stadtmagazin „Kreuzer“ mit einem Bild eines Hitlerjungen mit Solitaire-factory-Fahne ankündigte. Die Einführungsrede hielt Igor Zabel, damals Kurator der Moderna Galerija in Ljubljana, der eigens dafür nach Leipzig gekommen war. (Der Galerist hielt die Ankündigung des Redners übrigens lange Zeit für einen Schwindel, wurde aber zur Eröffnung eines besseren belehrt.) Einige Tage später, am 1. Mai, sang ein mit den Künstlern befreundeter Sänger im Hinterhof der Galerie von einem Baugerüst herab sozialistische Arbeiterkampflieder.

Im November 2018 wurden Ausschnitte aus „Die Arbeiten am Gelben Fluss ...“ nach über 20 Jahren noch einmal im Kulturny Dom Lipsk präsentiert, diesmal mit einer neu aufgelegten Brochüre der „Acht Thesen“ in Form der klassischen Mao-Bibel. Vor dem Hintergrund des erstarkten Rechtspopulismus und der allgemein zu beklagenden Verrohung des politischen und gesellschaftlichen Diskurses bewies die Installation ihre beunruhigende und bedauernswerte Zeitlosigkeit.
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Edition Kaiserknacker – 100 Jahre Deutsches Eck
Beteiligung an einer Aktion der Metzgalerie 
Koblenz

Anlässlich des 100. Jahrestages des Kaiser-Wilhelm-Nationaldenkmal am Deutschen Eck initiierte die Koblenzer Metzgalerie eine Edition mit gestalteten Wurstkonserven („Kaiser-Knacker“).
An dem Projekt nahmen teil: Änderungsatelier Schweitzer & Stemmer, Jürgen Adolph, Ulrich Bogislav, Arno Bolak, Detlev Brezel, Markus Caspers, Der Weltempfänger, Paul Donda, Axel Eberhardt, Flatz, Jörg Herold, Ralph Künzler, Stephan Melzl, Tobias Rehberger, solitaire factory, Dagmar Tinschmann, Uta Weber und Sibylla Weisweiler.
Bei der Arbeit von solitaire factory handelte es sich um eine Auflistung echter Telefonnummern vom Menschen mit dem Namen Kaiser aus ganz Deutschland. Dazwischen versteckt konnte man die Daten der beiden Republik-Proklamationen von Karl Liebknecht und Philipp Scheidemann nach der Abdankung Kaiser Wilhelm II. von 1918 finden.